Aller guten Dinge sind Triangle Strategy

Aller guten Dinge sind Triangle Strategy

Das berüchtigte Team Asano von Square Enix produziert für meinen Geschmack eigentlich nur hübsch aussehende Gurken, die mir weder spielerisch noch erzählerisch etwas geben. Wer mir vor 2022 erzählt hätte, dass ich in einem Asano Titel regelrecht versinken könnte, dem hätte ich meine Kopie von Bravely Default an den Kopf geworfen.

Nach dem klassischen Final Fantasy Abklatsch 4 Heroes of Light und Bravely Default, dem spirituellen SaGa Nachfolger Octopath Traveler folgt mit Triangle Strategy der dritte Versuch (sofern wir nicht mitzählen, was auch immer Various Daylife darstellen soll), an eine etablierte Rollenspielreihe anzuknüpfen. Und zwar an Segas gute alte Shining Force Reihe, auch wenn das Ganze eher aussieht wie Tactics Ogre. Also die eher zugängliche Sparte des Genres, bei der auch Taktik-Nulpen wie ich mithalten können.

Zwei Personen bei einem Wachturm, dahinter ein Wasserfall.

Die patentierte HD-2D Optik liefert uns wieder hübsche Dioramen.

Vorgegebene Charaktere werden übers Feld gezogen und erhalten für jede Aktion Erfahrungspunkte und Levelaufstiege, die sie netterweise auch nach einer verlorenen Schlacht behalten dürfen. Sollten alle Stricke reißen, lassen sich die Charaktere in wiederholbaren Trainingsmissionen hochleveln. Außerhalb der Kämpfe muss sich nur ab und zu um Beförderungen und ein bisschen Ausrüstungsverbesserungen gekümmert werden. Zwischendrin gibt es auch ein paar Städte zu erkunden.

Ganz so simpel wie zu Shining Force Zeiten ist das alles aber (zum Glück) doch nicht. Die Positionierung ist sehr wichtig, da sich Höhenunterschiede auf den ausgeteilten Schaden auswirken. Und was gibt es Befriedigenderes, als einen Folgeangriff auszulösen, weil ein Gefährte im Rücken eures Feindes steht und nochmal feige nachsetzen darf?

Kampfszene auf einem Pier und einem angelegten Schiff.

In bester Genre Tradition schiebt ihr Einheiten übers Gitter.

Auch richtig spaßig ist der Einsatz von Magie. Teile der Karte können in Brand gesteckt, Böden durch Eisesglätte schwer passierbar gemacht oder alles mit Regen überzogen werden, was in Kombination mit Blitzzaubern den Aufenthalt in Wasserpfützen wenig ratsam macht.

Wer sich richtig clever fühlen möchte hat auch ein paar ungewohnte Gimmicks zur Hand, und kann gegnerische Einheiten etwa mit Doppelgänger*innen nerven, oder mit angebrachten Leitern das Gelände zugänglich machen (oder es mit Fallen zupflastern). Fast jede Spielfigur hat ein paar coole Spezialfähigkeiten, und wer sich unschlüssig ist, bekommt vor Kämpfen netterweise Einheiten vorgeschlagen, die gut zur bevorstehenden Schlacht passen.

Verregneter Kampf in einem heruntergekommenen Dorf.

Durch schamanistische Magie wurde ein Regenschauer heraufbeschworen.

Triangle Strategy erreicht zwar nie die unglaubliche Tiefe oder Flexibilität eines Final Fantasy Tactics, aber das braucht es für meinen Geschmack auch gar nicht. Eine Herausforderung hatte ich trotzdem meistens, und einige denkwürdige Schlachten gingen nur äußerst knapp aus. Und wer auch immer auf die fantastische Idee kam, extra dramatische Streicher einzuspielen, wenn sich die Lage zuspitzt, sollte einen Orden verliehen bekommen!

Bei aller Liebe zogen sich wie bei vielen Spielen dieser Art einige spätere Schlachten merklich, zumal irgendwer auf die glorreiche Idee kam, bei einigen eh schon elend langen Scharmützeln auch noch mehrere gegnerische Verstärkungswellen einzubauen. Zum Thema Länge darf natürlich nicht unerwähnt bleiben, dass ein großer Teil des Spiels aus Cutscenes und Dialogen besteht. Triangle Strategy ist zuweilen so interaktiv wie ein Herr der Ringe Hörspiel, und mehr Visual Novel als Strategiespiel.

Ein junger Ritter und eine Frau mit rosa Haaren, dazu folgende Erzählung: 'Die Vermählung von Serenoa und Frederica war politisch motiviert und sollte die Bande zwischen den salzlosen Nationen Aesfrost und Glenbrock stärken.'

Lesen und Zuhören macht einen großen Teil der Spielzeit aus.

Auch wenn mir das Ganze ordentlich Sitzfleisch und Geduld abverlangt hat, fand ich es doch gut gemacht. Zum einen verleihen die längeren Phasen an Gesprächen den Schlachten das nötige Gewicht. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen sind meist das Resultat von außer Kontrolle geratenen Entwicklungen, die letzte Stufe der Eskalation, das Ergebnis gescheiterter Diplomatie. Das fand ich besser, als in vergleichbaren Spielen ständig irgendwelche 08/15 Banditen oder Untote verprügeln zu müssen, nur damit es etwas zu spielen gibt. Zum anderen wird hier im Gegensatz zu den vorigen Team Asano Titeln auch mal tatsächlich eine mitreißende, zusammenhängende Geschichte erzählt, mit spannenden politischen Wendungen und persönlichen Schicksalen.

Am packendsten fand ich die Momente, in denen über den weiteren Handlungsverlauf entschieden wird. Hier müssen anhand gesammelter Informationen und eurer bisherigen Verhaltensweise eine Mehrheit eures Gefolges für den gewählten Kurs überzeugt werden. Und Leute, fielen mir einige dieser Entscheidungen schwer. Die Auswahlmöglichkeiten sind oft vergleichbar ungemütlich wie auf einem politischen Wahlzettel. Und nicht selten wirft die scheinbar vernünftigste Wahl die schlimmsten Folgeprobleme mit sich.

Ein älterer Herr spricht zu einer weißhaarigen Frau in einem lichtdurchfluteten Korridor: 'Diese List stammt von mir allein.'

An Intrigen darf es natürlich auch nicht fehlen.

Ähnlich wie beim Anblick meiner ausufernden Spielesammlung musste ich mich immer wieder fragen, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Mit jeder Entscheidung manövrierte ich mich weiter in die Scheiße, aber sank auch immer tiefer in die Welt von Triangle Strategy hinein, die mich stundenlang nicht mehr losgelassen hat.

So kann ich nach meiner vergangenen Serie an Zerrissen von Asano Titeln endlich mal sagen: Chapeau! Triangle Strategy hat mir jetzt doch richtig gut gefallen.