The Castlevania Adventure

The Castlevania Adventure

Anfang der 90er erschien mit The Castlevania Adventure für den Game Boy der erste portable Ableger der klassischen japanischen Vampirjäger Saga. Wie damals üblich wurde das Spiel mit der Mentalität erschaffen, eine abgespeckte Version für unterwegs zu bieten, statt einem vollwertigen eigenständigen Titel.

Da war die Hauptreihe zu der Zeit mit Castlevania III für das NES bereits wesentlich weiter fortgeschritten. Die schmerzlichste Einsparung ist das System für Sekundärwaffen, womit Castlevania Adventure ohne taktische Komponente auskommen muss und man sich als Spieler wesentlich mehr auf bloße Geschicklichkeit verlassen muss, um weiterzukommen. Passwörter oder andere Speichermöglichkeiten sucht man hier auch vergebens, auch wenn das Abenteuer nicht besonders umfangreich ist. Immerhin setzt The Castlevania Adventure auch eigene Akzente, etwa wurden die nur fummelig begehbaren Treppen durch etwas weniger fummelig erkletterbare Seile ausgetauscht, und neue Gegner wie die für die Game Boy Reihe mittlerweile fast schon ikonischen riesigen rollenden Augen eingeführt.

Ein Spaziergang durch Transsylvanien.

Ein Spaziergang durch Transsylvanien.

Eine Eigenheit, auf die man wirklich gut hätte verzichten können, ist das Upgrade System für die Peitsche: Die lässt sich mit Orbs zwar zweifach verstärken, allerdings verliert man bei jedem gegnerischen Treffer auch sofort wieder eine Verbesserungsstufe. Die meiste Zeit darf man den Horden Draculas daher mit der regulären Peitsche entgegentreten, die etwa so effektiv ist wie ein angefeuchteter Zahnstocher. Keine Upgrades und Sekundärwaffen - was bei den NES Titeln als besonders schwere selbstauferlegte Herausforderung gilt, ist bei Castlevania Adventure einfach mal Standard.

Dafür haben es einige Stärken der Serie auf den Game Boy geschafft: So muss sich die Handlung keineswegs vor denen der NES-Trilogie verstecken, da sie auch hier absolut keine Rolle spielt. Der Pixelhaufen, der diesmal in den Kampf gegen Dracula zieht, heißt hier Christopher statt Simon oder Trevor, womit die Handlung akkurat zusammengefasst ist. Natürlich spielt man Castlevania nicht wegen der Geschichte, sondern wegen der Atmosphäre und Präsentation, die es beide recht unbeschadet auf den technisch begrenzten Nintendo Handheld geschafft haben: Die Grafik ist relativ schlicht, lässt aber alles gut erkennen, und dank Hintergrunddetails wie gespenstischen Bäumen und Grabstätten kann man sich auch durch den monochromen Bildschirm gut in das Szenario einer vom Bösen beherrschten Welt hineinversetzen. Und wie es sich für ein Castlevania gehört, bekommen wir auch in The Adventure einen eingängigen neoklassischen Chiptune-Soundtrack geliefert.

Ikonische Kulleraugen.

Ikonische Kulleraugen.

Leider ist das teuflischste Element von Castlevania Adventure nicht Obermotz Dracula, sondern die horrende Steuerung. Die klassischen Castlevania Spiele sind ja ohnehin nicht bekannt für akkurates Gameplay, aber für das, was die Programmierer hier verzapft haben gehören die Verantwortlichen eigentlich ausgepeitscht. Christopher Belmont kann wie seine Verwandten auf dem NES nicht die Richtung während eines Sprungs ändern, und wird bei einem Treffer ebenfalls zurückgeschleudert. Zusätzlich scheint im Transsylvanien jener Zeit die tausendfache Schwerkraft zu herrschen: Christopher bewegt sich im Schneckentempo durch die Gegend und scheint bei Sprüngen nur mit größter Kraftanstrengung vom Boden wegzukommen. Wenig hilfreich ist auch das allgemeine Stocken, das auftritt, wenn der Bildschirm weiterscrollt oder mehr als ein Gegner in Sichtweite ist.

Über eine mangelhafte Steuerung könnte man mit gutem Willen ja noch hinwegsehen, wenn man als Spieler nicht besonders auf eine gute Kontrolle über den Hauptcharakter angewiesen wäre. Man kann es nur als Ironie des Schicksals bezeichnen, dass ausgerechnet eins der Castlevanias mit der schwächsten Spielbarkeit gleichzeitig auch mit die sadistischste und unfairste Level Gestaltung aufweist, höchstens noch unterboten vom grauenhaften Castlevania Automaten. Ein Großteil von Castlevania Adventure besteht aus Gegnern mit kaum vorauszusehenden Bewegungsabläufen, schwer auszuweichenden Projektilen, unmöglichen Sprungpassagen und Stacheln, die von allen Himmelsrichtungen sprießen. Wenigstens haben die Bosse einigermaßen konsistente Muster und stellen kein allzu großes Problem mehr dar, sobald man deren Bewegungsabläufe verinnerlicht hat. Die Herausforderung ist eher, es überhaupt zum Endgegner zu schaffen, mit möglichst voller Energieleiste.

Willkommen in der Hölle!

Willkommen in der Hölle!

Genau drei Versuche hat man, bevor es beim Ableben statt zum letzten Checkpoint wieder zum Levelanfang geht. Immerhin lässt einen das Spiel bei Game Over immer wieder vom Beginn der letzten Stage weitermachen, die man erreicht hat. Doch selbst das bringt einem wenig: Während man die ersten beiden Abschnitte mit etwas Übung schaffen kann, wird es ab Stage 3 nur noch unmöglich. Ich musste mir ab da einfach mit Savestates behelfen. Doch selbst wenn sich jede Stelle beliebig oft wiederholen lässt, ist das Weiterkommen ein haareraufender Prozess. Mir ist völlig schleierhaft, wie es irgendjemand auf legitime Weise zum Ende schaffen soll, ohne den Verstand zu verlieren. Unter den gegebenen Umständen kann man wirklich froh sein, dass das Spiel “nur” vier Level hat. Nach denen man übrigens wieder von vorne beginnt - mit höherem Schwierigkeitsgrad. Nur für den Fall, dass man sich beim ersten Durchgang gelangweilt hat.

Trotz einiger gelungener Ansätze ist The Castlevania Adventure absolut nicht empfehlenswert, solange man kein hoffnungsloser Castlevania Fanatiker (wie ich) ist oder anderen beweisen will, was man für ein Hardcore Gamer ist. Die Levels sind mit Sicherheit ein faszinierender Forschungsgegenstand für angehende Designer und Kriminalpsychologen, aber kombiniert mit der technisch miserabel gelösten Steuerung nahezu unspielbar und allenfalls interessant, wenn man gerne künstlich altern möchte. Wer sich das Spiel dennoch antun möchte findet das ursprüngliche Game Boy Modul auch heutzutage noch relativ günstig. Seltener und teurer ist die Fassung, die auf der Konami GB Collection Vol. 1 für den Game Boy Color erhältlich war, bei der es immerhin Farben gibt. Am bequemsten, zumindest was die Beschaffung anbelangt, ist die digitale Version aus dem eShop für den Nintendo 3DS. Aber sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt!