Bloodstained: Ritual of the Night

Bloodstained: Ritual of the Night

Koji Igarashi ist bekannt als Sinnbild von Castlevania, auch wenn er erst zu Symphony of the Night für die PlayStation in eher untergeordneten Rollen zur Serie stieß. Zu Konami-Zeiten erschien Igarashi gerne mit Hut und Peitsche zu öffentlichen Terminen, in Videos seines Studios ArtPlay posiert er unironisch als aristokratischer Vampir. Ohne Zweifel lebt und atmet Igarashi Castlevania.

Wer sonst sollte also einen spirituellen Nachfolger von Symphony of the Night auf den großen Bildschirm bringen? Castlevania gehört natürlich Konami, die inzwischen wenig Interesse daran haben, noch etwas aus der Reihe zu machen. Deswegen heißt “Castlevania” jetzt “Bloodstained”, aus “Symphony of the Night” wurde das “Ritual of the Night”, und statt um Dämonenjäger und Vampire dreht sich die Geschichte jetzt um Alchimisten und Shardbinder, mit dämonischen Kristallsplittern versehene Menschen.

Protagonistin Miriam erkundet das Schloss, während ein roter Vollmond im Hintergrund die Szenerie in ein unheimliches Licht taucht.

An nokturner Atmosphäre mangelt es Bloodstained nicht.

Ansonsten bleibt vieles beim Alten, vom bewährten Mix aus 2D-Plattformer und Rollenspiel, über gegnerische Archetypen bis hin zur ikonischen Musik von Symphony of the Night Komponistin Michiru Yamane. Natürlich reproduziert Bloodstained nicht bloß Symphony of the Night, sondern geht in vielen Bereichen einen guten Schritt weiter.

Optisch geht es weg von Pixelkunst und detaillierten Portraits hin zu einer Art HD-Version von PlayStation 2 Grafik. Klingt erst einmal nach einem Verlust, ist es auch irgendwie, trotzdem schätze ich den frischen Wind, den der Stilwechsel bringt. Selbst ich sehe inzwischen ein, dass nicht alles nur noch Retro-Hommage sein kann.

Miriam in einer Kammer mit einer Schatzkiste. Buntglasfenster im Hintergrund werfen Lichtstrahlen in den Raum.

Trotz glorifizierter PlayStation 2 Optik kann das Spiel visuell verzaubern.

Gefühlt kann Protagonistin Miriam in Bloodstained mehr Gegenstände, Ausrüstungen und Fähigkeiten finden und erwerben als noch Halbvampir Alucard in Symphony of the Night. Aus den Sorrow Castlevanias kehrt die Möglichkeit zurück, Fähigkeiten besiegter Gegner übernehmen und sammeln zu können.

Aber das war noch nicht alles. Zusätzlich gibt es noch allerlei weiteres Rollenspielgedöns wie Crafting, Kochen, Nebenquests und anderen absolut optionalen, aber detailversessenen Kram wie zum Beispiel die Charakteranpassungsoptionen, die sich bei einem Killer Barbier freischalten lassen.

Miriam spricht mit einem Monster-Friseur, der laut eigener Aussage aber nicht bösartig ist.

Der freundliche Killer Friseur kümmert sich gerne um Miriams Styling.

Für Bloodstained hat das Entwicklungsteam den Symphony of the Night Regler auf 11 gedreht, ja, es ist fast schon mehr Symphony of the Night, als ein einzelner Mensch ertragen kann. Dennoch muss ich die Frage, ob es überhaupt zu viel Symphony of the Night geben kann, vehement verneinen! Vor allem, nachdem ich so lange auf einen vollwertigen Nachfolger gewartet habe.

In den gut zwei Dekaden, die zwischen Symphony of the Night und Bloodstained liegen, hat sich natürlich vieles geändert. Symphony gehörte damals noch zum Repertoire einer großen, etablierten Firma, vermutlich mit spezialisierten internen Tools entwickelt, und nahezu fehlerfrei auf CD gepresst.

Miriam und ihre feenhafte Begleiterin treffen in der Bücherei auf einen Vampir.

Déjà vu: Ein Vampir/Bibliothekar und eine feenhafte Begleiterin.

Bloodstained wurde dagegen, mit finanzieller Unterstützung der Fans, von einem Indie-Studio ins Leben gerufen, die sichtlich Mühe haben, ein 2.5D Spiel flüssig in der Unreal Engine 4 zum Laufen zu bekommen und für alle Plattformen zu optimieren. Über ein Jahr nach der Veröffentlichung werden immer noch Patches herausgebracht, um Features nachzureichen, Probleme zu beheben, oder neue zu einzubauen.

Während es berechtigt und naheliegend ist, über diese Entwicklung und die daraus resultierenden technischen Unzulänglichkeiten zu lamentieren, bin ich einfach nur froh, ein “neues” Symphony of the Night zu haben. Das kein Nischendasein auf einem Handheld fristet, oder die xte Retrokopie ist.

Miriam in einem Raum mit einem Buntglasfenster, das von zwei weiblichen Statuen flankiert wird.

Diese schönen Räume teleportieren Miriam in andere Bereiche der Spielwelt.

Bloodstained: Ritual of the Night hat keine Castlevania-Lizenz und reicht nicht an die Perfektion eines Symphony of the Night heran. Aber es ist näher dran als jedes andere aktuelle Spiel. Bei dem damals wie heute überschaubaren kommerziellen Potenzial solcher Titel bin ich dankbar, Bloodstained: Ritual of the Night überhaupt in meinen Händen halten zu dürfen.