Tales of Arise

Tales of Arise

Bandai Namcos langlebige Tales of Serie ist für mich die Definition von Comfort Food: Immer etwas generisch, nie so richtig geil, aber selten wirklich schlecht. Die Pizza Margherita unter den japanischen Rollenspielen, die ich in der Regel stark reduziert ordere, und dann auch nur spiele, wenn es sonst gerade nichts gibt. Wenn ich mir also mal ein Tales of direkt zur Veröffentlichung zum Vollpreis kaufe, deutet das in der Regel auf ein eher schwaches persönliches Spieljahr hin.

So war es schon mal 2012, als sich japanische Studios mit der Belieferung von Rollenspielen auf HD-Konsolen schwer taten, und ich die Lücke mit einem Tag-Eins-Kauf von Tales of Graces f zu füllen versuchte. 2021 sind die letzten beiden Ziffern vertauscht, aber die Situation eine ähnliche: Tales of Arise ist 2021 mein Lichtblick in einem mageren Spiele-Jahr gewesen. Zumindest für jemanden wie mich, der kein Fan von Bravely Default, Monster Hunter oder Yoko Taro ist, und auch an anderen relevanten Genre-Veröffentlichungen genug auszusetzen hatte, um von einem Kauf abzulassen.

Shionne steht auf einer Klippe und blickt zum wolkenverhangenen Horizont.

Neblige Aussichten im Jahr 2021.

Shionne lässt eine magische Feuerkugel vor sich schweben.

Auch das neuste Tales of nutzt Anime-Sequenzen, um die Geschichte zu erzählen.

Aber bevor ich euch weiter das Jahr madig meckere, verliere ich lieber mal ein paar Worte darüber, wie ich das neue Tales of erlebt habe. Für einen vermeintlichen Lückenbüßer ist Tales of Arise über weite Strecken doch ein ziemlicher Kracher, der vieles richtig macht: Wunderschöne weitläufige Landschaften á la Xenoblade Chronicles treffen auf ein ansprechendes Charakter-Design, das weitestgehend auf unangenehme Sexualisierung und ähnlichen Japano-Blödsinn verzichtet.

Tales of Arise ist 2021 mein Lichtblick in einem mageren Spiele-Jahr gewesen.

Das Ganze in einen dezenten Aquarell-Filter gehüllt, was in einem optisch wirklich hübschen Spiel resultiert, wenngleich aufgrund von Altlasten wie aufploppenden Objekten in der Distanz kein “Next-Gen” Gefühl aufkommt. Der Soundtrack rockt serienüblich ordentlich, auch wenn der Dauer-Einsatz von Chören manchmal zu viel des Guten ist.

Law inmitten einer verschneiten Waldlandschaft.

Die Landschaften sind eine Augenweide.

Shionne posiert mit ihrem Gewehr, während alles im Hintergrund explodiert.

Spezialattacken werden nicht unbedingt subtil inszeniert.

Das Kampfsystem ist in seinen Grundzügen gelungen und fordert oft mehr als bloßes Button Mashing. Selbst ich habe es in den Gefechten regelmäßig geschafft, auszuweichen, zu kontern, und die Abwehr der Gegner mit Kombo-Angriffen soweit herunterzubrechen, um eine der vielen visuell beeindruckenden Team-Attacken loszutreten.

Für einen vermeintlichen Lückenbüßer ist Tales of Arise über weite Strecken doch ein ziemlicher Kracher, der vieles richtig macht.

Die Storyprämisse wirkt zunächst wie eine Anreihung gängiger Klischees: Ein Held, der seine Vergangenheit verloren hat, kämpft mit seinen Gefährt*innen gegen fünf elementare Lords. Doch der Ersteindruck täuscht: Zumindest für ein JRPG wird die diktatorische Unterdrückung der Menschen glaubhaft dargestellt, ebenso Themen wie Sklaverei und Bespitzelung innerhalb der Bevölkerung, was für eine angespannte und bedrückende Atmosphäre sorgt.

Rinwell teilt Law aufgebracht mit, dass 'ihr ein kleines Vöglein gezwitschert habe, dass er hinter ihrem Rücken über sie rede'. Im Vordergrund ist die kleine Eule Hootle zu sehen, die an der Situation offensichtlich nicht ganz unbeteiligt ist.

Die Gespräche innerhalb der Gruppe sind mal amüsant…

Dohalim stellt fest: 'Jene, die keine Zufriedenheit kennen, verschlingen immer mehr. Doch jene, die zufrieden mit ihrem Los sind, schöpfen selten ihr volles Potenzial aus.'

… mal stimmen sie nachdenklich.

Während des Feldzugs gegen die Lords gibt es überraschende und verstörende Wendungen, und jedes Mal noch schönere Umgebungen zu erkunden. Auch die Interaktionen zwischen den Charakteren bewegen sich zum Großteil angenehm weit weg vom üblichen Anime-Käse, der leider recht typisch für die Reihe geworden ist.

Das Kampfsystem ist in seinen Grundzügen gelungen und fordert oft mehr als bloßes Button Mashing.

Ein großer fortwährender Knackpunkt ist die Balance des Spiels: Geld, Fähigkeitenpunkte, und die gerade in Bosskämpfen bitter nötigen Heilgegenstände bleiben lange knapp, während Gegner grundsätzlich mehrere Level über dem der Truppe sind. Gleichzeitig werden im DLC-Store Booster Packs angeboten. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt. Alternativen zum bezahlten Gewinnen gibt es, aber ohne Probleme sind die alle nicht.

Die Gruppe entdeckt einen versteckten Angelplatz.

In der Welt gibt es allerhand zu entdecken.

Die Gruppe bekämpft einen Drachen in einem Tempelraum.

Die Bosskämpfe kosten meist teure Heilgegenstände.

Abgesehen von stupidem Grinding werfen optionale Aktivitäten wie Nebenquests oder Angeln sehr hilfreiche Belohnungen ab, was diese Aktivitäten aber dann natürlich gar nicht mehr so optional macht. Ansonsten lässt sich der Schwierigkeitsgrad beliebig rauf- und runterstellen, was das Balance-Problem behebt, aber natürlich auch nicht so ganz Sinn der Sache ist. Davon abgesehen bietet Tales of Arise über lange Strecken ein forderndes und fesselndes Spielerlebnis.

Ein großer fortwährender Knackpunkt ist die Balance des Spiels.

Leider hält sich das hohe Niveau nicht über die kompletten 50-60 Stunden Laufzeit, und fällt nach gut der Hälfte spürbar ab. Die Kämpfe gegen die immer gleichen Monstertypen werden auf Dauer weder spannender noch kürzer, und auch die ständigen Teamattacken sind irgendwann nicht mehr so beeindruckend. Währenddessen wandelt sich die packende Geschichte über Rebellion gegen faschistische Unterdrückung dann doch langsam wieder zu einer serientypischen geschwätzigen Space Opera Anime-Schmonzette.

Alphen sagt: 'Aber wenn man einen Diktator stürzt, nur um ihn durch den nächsten zu ersetzen, bleibt letztendlich alles beim Alten.'

Die anfänglichen politischen Untertöne verlieren sich …

Alphen und Shionne schauen aus einem Fenster einer Raumstation ins All.

… weil Tales of Arise später plötzlich zu Star Ocean wird.

Die späteren Enthüllungen sind zwar nicht uninteressant, ziehen sich jedoch länger als nötig, und vieles an der Tonalität und Thematik der ersten Hälfte versandet irgendwo, ohne zu einer zentralen Aussage zu kommen, die über das Genre-Klischee von Mut, Liebe und Freundschaft hinaus geht. Es fühlt sich schon fast so an, als wären hier zwei verschiedene Spiele aneinandergereiht worden.

Leider hält sich das hohe Niveau nicht über die kompletten 50-60 Stunden Laufzeit, und fällt nach gut der Hälfte spürbar ab.

Das hat bei mir leider dafür gesorgt, dass ich Tales of Arise ab da nur mit Pausen, und bald auf einfachem Schwierigkeitsgrad weitergespielt habe, um bis zum Schluss durchzuhalten. Immerhin war ich durch die erste Hälfte und meine Sympathie für die Charaktere weiterhin emotional investiert, sodass ich auch nicht mittendrin abbrechen wollte. Ich habe sogar einen Großteil der Nebenquests absolviert, und war nach dem belohnenden Abspann dann doch tatsächlich etwas traurig, dass es vorbei war.

Kisara versucht, einen Fisch an Land zu ziehen.

Kein JRPG ohne Angeln! Nebenbei eine der effizientesten Möglichkeiten, an Geld zu kommen.

Hootle sitzt neben einer anderen Eule und sagt 'Schuu!'.

Niedliche Viecher sind natürlich auch mit von der Partie.

Trotzdem hat mich die unausgewogene Balance und das später nachlassende Pacing der Haupthandlung genervt, einfach, weil ich das inzwischen schon so oft in modernen JRPGs erlebt habe. Inzwischen habe ich immer weniger Geduld oder Verständnis dafür, dass auch etablierte Entwicklungsstudios diese Probleme nicht in den Griff bekommen, und gleichzeitig darauf beharren, die Spiele länger als 30-40 Stunden zu machen.

Ich habe sogar einen Großteil der Nebenquests absolviert, und war nach dem belohnenden Abspann dann doch tatsächlich etwas traurig, dass es vorbei war.

Aber weiter möchte ich mich an der Stelle gar nicht darüber auslassen. Insgesamt überwiegen für mich die positiven Aspekte von Tales of Arise. Und davon abgesehen: Wir hatten in diesem harten Jahr schließlich auch nichts besseres.