Donkey Kong Country

Donkey Kong Country

1994 hing (viel zu früh für meinen Geschmack) bereits die nächste Konsolengeneration in der Luft. Ende des Jahres erschienen in Japan sowohl Sonys PlayStation als auch der Sega Saturn. Bei Nintendo konnte man hingegen die als “Projekt Reality” betitelte nächste Konsole lediglich anteasern, es sollte noch eine ganze Weile bis zum Start des Nintendo 64 dauern.

Um die Zeit zu überbrücken, wurde das Super Nintendo behelfsmäßig mit Next-Gen Technologie bestückt. Das im Jahr zuvor veröffentlichte Starwing konnte dank Zusatzchip auf dem Modul aus untexturierten Polygonen simple 3D-Grafik darstellen. Bei Entwickler Rare machte man sich derweil Gedanken, wie man komplexe Charaktere auf die 16-Bit Konsole verfrachten könnte. Die ließen sich auf damals hochmodernen Silicon Workstations bereits modellieren und animieren, aber wären auf der alternden Super Nintendo Hardware in der Form nicht darstellbar gewesen. Daher wurde ein Verfahren entwickelt, um die 3D-Modelle in 2D-Sprites zu konvertieren. Das Ergebnis war eine plastischere Grafik, als sie mit damals üblichen Methoden möglich gewesen wäre.

Auf dem Nashorn durch den Dschungel.

Auf dem Nashorn durch den Dschungel.

Soviel zur Geschichte von der Entstehung von Donkey Kong Country. Es ist aber auch ein Spiel, zu dem viele ihre eigene Geschichte haben. Für einige war die damals neuartige Grafik ein Kaufgrund, für andere begann damit eine lange Reihe von teilweise schmerzvollen Komplettierungsläufen durch das Spiel und seine Nachfolger.

Unvergessen ist mir eine Studentenparty geblieben, auf der ein junger Mann irgendwann vor einem Super Nintendo mit Donkey Kong Country saß, ganz hypnotisiert war vom Geschehen auf dem Fernseher, während er versuchte, sämtliche KONG Buchstaben und andere Extras in den Leveln einzusammeln. Wenn ich spielbegeisterte Erwachsene auf Donkey Kong Country anspreche, ist es nicht selten, dass sich deren Mine aufhellt. Sogar in einem Rap-Text entdeckte ich eine Anspielung auf eine typische Situation, die bestimmt viele aus ihrer Kindheit mit dem Super Nintendo Spiel verbinden.

“Like Don King playing Donkey Kong Country at his cousin’s house” - Kool A.D.

Die einzigen Wasserlevel in einem Spiel, die Spaß machen.

Die einzigen Wasserlevel in einem Spiel, die Spaß machen.

Meine eigene Geschichte mit dem Modul war lange Zeit nicht von besonders großer Euphorie geprägt. Natürlich spielte auch ich damals Donkey Kong Country, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, hatte ich das Modul allerdings nur ausgeliehen. Allerdings ist mir kaum noch im Gedächtnis geblieben, wie das Spiel damals auf mich gewirkt hat. Es war vermutlich einfach eins von vielen Spielen, mit denen man sich früher halt beschäftigt hat.

Nachdem ich mir als Erwachsener um 2010 herum wieder ein Super Nintendo besorgt hatte, gelangte das Modul bald in meinen Besitz. Da war Donkey Kong Country technisch natürlich ziemlich veraltet, besonders beeindruckt hatte mich die Grafik nicht mehr. Gerade die statischen, niedrig aufgelösten Hintergründe auf der Weltkarte fand ich gewöhnungsbedürftig. Dafür bin ich sofort auf den Soundtrack abgefahren, der einfach zeitlos ist. Neben den bekannteren Stücken der ersten Levels wie DK Island Swing oder Aquatic Ambiance blieb der spätere Track Fear Factory bei mir hängen, der etwas nach Depeche Mode klingt. Ab da hörte ich auch sehr gerne Cover und Remixe von Fans. Davon abgesehen verblasste Donkey Kong Country nach dem Durchspielen wieder recht schnell bei mir.

Auf zum rettenden Seil!

Auf zum rettenden Seil!

Im Jahr 2019 wurde die Reihe wieder interessanter, nachdem ich mit dem Kauf von Donkey Kong Country 3 die ganze Trilogie wieder in meinem Besitz hatte. Zu dem Anlass wollte ich einfach mal schnell wieder durch den ersten Teil rennen, und stellte bald verblüfft fest, dass das plötzlich so einfach gar nicht war.

Tatsächlich bietet Donkey Kong Country eine ziemliche Herausforderung. Sind die ersten Level noch ohne große Hürde mit einem Überfluss an Bonusleben zu schaffen, steigt die Schwierigkeitskurve bald steil an (und damit meist auch die Anzahl an Wespen in jedem Level). Ganz fair fühlt sich das leider nicht immer an, gerne scheitert man an unfair platzierten oder plötzlich auftauchenden Gegnern (vor allem an Wespen). Das merkwürdige Speichersystem hilft da auch nur bedingt: Dazu muss man in jeder Welt erst einmal Candys Speicher erreichen. Vorher müssen mehrere, im späteren Verlauf mitunter echt haarige Level am Stück geschafft werden (was oft gerade aufgrund der Wespen nicht leicht fällt). Und das meistens mit den fünf Standardleben, da die Bonusversuche auch nicht permanent mitgespeichert werden. Hatte ich erwähnt, dass es in diesem Spiel relative viele Wespen gibt?

Lichteffekte von 1994.

Lichteffekte von 1994.

Natürlich ist nichts davon erst im Nachhinein in das Spiel gekommen, daher war es irritierend für mich, dass ich diesen Aspekt von meinen früheren Durchläufen gar nicht mehr in Erinnerung hatte. Vielleicht war es aber auch nur die Erkenntnis, dass ich langsam alt werde, die so überraschend war. Frustriert brach ich diesen Durchlauf ab, und verstehe seitdem jene Stimmen recht gut, die Donkey Kong Country als schlecht gealtert oder überbewertet empfinden. Und trotzdem sollte ich eben dieses frustrierende Spiel im gleichen Jahr erneut aufgreifen. Als Yooka-Laylee and the Impossible Lair unerwarteterweise als das nächste Donkey Kong Country gefeiert wurde, bekam ich doch nochmal Lust auf das Original.

Ich startete den vierten Durchgang Donkey Kong Country, und ich glaube, zum ersten Mal in meinem Leben klickte einfach alles an diesem Spiel! Die gimmickhafte pseudo fünfte Generationsgrafik? In Bewegung eigentlich immer noch hübsch und stimmig, und dass alles so unbeholfen plastisch aussieht doch irgendwie charmanter als die glatte cartoonige Optik der neueren Teile. Der Soundtrack? Unverändert Bombe. Die rasant ansteigende und munter schwankende Schwierigkeitskurve? Zähne zusammenbeißen und durch, ich lass mich doch nicht von einem blöden Spiel für Kinder vorführen! Das aus der Zeit gefallene Speichersystem? Natürlich voraussehende Absicht der Designer, um die Spielzeit zu strecken. Am Ende stehen schließlich nur zwei oder drei Stunden auf dem Tacho. Mit den ganzen Fehlversuchen saß ich locker doppelt so lange dran.

Glitzerndes Eis.

Glitzerndes Eis.

Dieses Mal schaffte ich es wieder bis zum Ende, und von meinen vielen Tränen wurden die meisten tatsächlich aus Freude oder einem Gefühl des Triumphs vergossen. Das Spiel eignet sich einfach perfekt für kurze Sessions zwischendurch, wenn ich gerade keinen Nerv für größere und komplexere Epen habe.

Die ganze bunte Tierwelt (selbst die Wespen) faszinierte mich, zusammen mit der viel zu atmosphärischen Musik und der meditativen Wiederholung von klassischen Donkey Kong Country Level Design Herausforderungen wie rotierende Kanonenfässer, rasende Loren und VERDAMMTE WESPEN ÜBERALL driftete ich regelmäßig in eine Art Trancezustand ab, der mich zeitweise fast vergessen ließ, dass ich da gerade zwei quiekende und kreischende Affen steuere, die auf anderen Tieren durch die Gegend reiten, Fässer durch die Luft schmeißen und auf Reifen rumspringen, und das alles nur, weil ihnen ein fettes Krokodil mit einem Umhang und einer Krone auf dem Kopf den Bananenschatz geklaut hat.

Endlich: 101%!

Endlich: 101%!

Nach mehreren Dekaden mit dem Spiel liebte ich Donkey Kong Country plötzlich, auch mit all seinen Macken und Eigenheiten. Nach dem regulären Durchspielen versuchte ich daher zum ersten Mal ernsthaft, die vollen 101% zu holen. Dazu müssen in jedem Level alle Bonusräume gefunden werden. Einige davon sind so unmöglich zu finden, dass ich gleich eine Lösung zu Rate gezogen habe. Damals hatte man sich ja auch auf Lösungsbücher oder das Club Nintendo Magazin verlassen. Sich auf diese Art noch mal gute zwei Stunden mit dem Spiel zu beschäftigen war eine schöne Erfahrung, und die 101% Anzeige beim Spielstand zu sehen der krönende Abschluss.